22.12.2023

Was wird aus dem Tucholsky-Museum in Rheinsberg?

Der Aufschrei in der Region und in der deutschen Kulturlandschaft hat Wirkung gezeigt. Das Tucholsky-Museum im brandenburgischen Rheinsberg soll doch nicht kaputt gespart werden. Nachdem die Stadt Rheinsberg im Oktober 2023 beschlossen hatte, die Stelle des scheidenden Museumsleiters Peter Böthig mit der Leitung der Tourist-Info zusammenzulegen, war das Museum umgehend auf die Rote Liste der bedrohten Kultureinrichtungen geraten. Der Deutsche Kulturrat rief die Stadt Rheinsberg und das Land Brandenburg auf, „die weitere wissenschaftliche Leitung des Museums sicherzustellen“.

Doch der Stadt fehlen dazu derzeit die finanziellen Mittel. Trotz einer Förderung durch das Land Brandenburg in Höhe von 65.000 Euro und weiteren knapp 15.000 Euro vom Landkreis belief sich das Defizit in diesem Jahr auf 241.000 Euro.

Eine Rettung ist nun in greifbare Nähe gerückt. Der Landkreis Ostprignitz-Ruppin erklärte am 1. Dezember 2023 seine Bereitschaft, für die klamme Stadt einzuspringen und das Museum in eigene Trägerschaft zu übernehmen. Zur Begründung hieß es:

Eine wissenschaftliche Leitung dieses Museums im bisherigen Umfang ist unabdingbar, um eine Fortführung auf dem heutigen Qualitätsniveau zu gewährleisten.

Die Übernahme soll zum 1. April 2024 vollzogen werden. Der Stadtrat von Rheinsberg befürwortete in einer Sitzung vom 18. Dezember 2023, Anfang kommenden Jahres die erforderlichen Verhandlungen zu starten. Museumsleiter Peter Böthig will seinen Vertrag dazu um einen Monat bis Ende März verlängern.

Der Ruppiner Anzeiger schrieb am 20. Dezember 2023:

In den Verhandlungen muss auch geklärt werden, wie mit der umfangreichen Sammlung des Museums umgegangen wird, die im Eigentum der Stadt ist. Eine mögliche Lösung wäre ein befristeter Leihvertrag, meint Peter Böthig, der den Wert auf eine halbe Million Euro schätzt.


Peter Böthig bei der Eröffnung der Else Weil-Ausstellung im Jahr 2010

Aus der Berliner Perspektive ist nicht ganz nachvollziehbar, warum die Situation in den vergangenen Wochen dermaßen eskalierte, dass sich sogar Kulturstaatsministerin Claudia Roth zu einem Statement bemüßigt fühlte. Diese Ansammlung von Plattitüden zu Tucholsky hätte der Öffentlichkeit durchaus erspart bleiben können.

Dass Peter Böthig Ende Februar in den wohlverdienten Ruhestand geht, ist schließlich schon seit langem bekannt gewesen. Wer nun dessen Nachfolge antritt, ist unklar. Wenn die Finanzierung gesichert ist, dürfte die Stelle neu ausgeschrieben werden.

Dem Museum und der Stadt bleibt zu wünschen, dass die neue Leitung nicht nur literaturwissenschaftliche Expertise mitbringt, sondern ebenso wie Böthig das kulturelle Leben in der Region mit Lesungen und Ausstellungen bereichert. Tucholskys Leben und Werk ist schließlich ziemlich gut erforscht. Es kommt heute vor allem darauf, die richtigen Lehren aus seinem damals vergeblichen Kampf gegen Nationalismus, Militarismus und Rechtsextremismus zu ziehen. Auch und gerade in der Brandenburger Provinz.

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