14.4.2005

Satireverbot für die „FAZ“ jetzt!

Nach der jüngsten Kapitalismuskritik von Parteichef Franz Müntefering versucht sich die „FAZ“ an einer Satire über den Zustand der SPD. Leider kommt sie mit „SPD-Verbot jetzt!“ über einen Versuch nicht hinaus. Vielleicht hätte jemand dem Autor sagen sollen, dass ein Text, der Zitate von Tucholsky und Karl Kraus enthält, dadurch noch nicht witzig wird, – schon gar nicht satirisch. Vor allem, wenn man die Zitate noch so dümmlich verwendet wie die „FAZ“ es tut:

Gegründet als internationalistischer Arbeiterkampfbund, stimmte sie bei erstbester Gelegenheit einem Weltkrieg zu, auf jedes „Hü“ aus ihrem Mund folgte danach in Weimar ein „Hott“, so daß Satiriker diese zwielichtige „Pachtei“ (Tucholsky) bereits damals als „durch und durch revolutionär“ (Kraus) gegen sich selbst gerichtet verhöhnen konnten, und in der Bundesrepublik setzte sich der Wahnsinn bruchlos fort.

Das hört sich stark danach an, als habe Tucholsky den Ausdruck „Pachtei“ (was immer die „FAZ“ daran komisch findet) speziell auf die SPD gemünzt. Das ist nicht der Fall. Das Wort stammt aus dem Text „Ein älterer, aber leicht besoffener Herr“, und darin benutzt es der berlinernde Ich-Erzähler für alle Parteien, so auch für die „Deutsche Staatspachtei“.

Dabei hätte es sich die „FAZ“ doch so leicht machen können, um mit Tucholskys Hilfe über die SPD herzuziehen. Sie hätte nur folgenden „Schnipsel“ nehmen müssen:

Es ist ein Unglück, daß die SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands heißt. Hieße sie seit dem 1. August 1914 Reformistische Partei oder Partei des kleinern Übels oder Hier können Familien Kaffee kochen oder so etwas –: vielen Arbeitern hätte der neue Name die Augen geöffnet, und sie wären dahingegangen, wohin sie gehören: zu einer Arbeiterpartei. So aber macht der Laden seine schlechten Geschäfte unter einem ehemals guten Namen.
Peter Panter: „Schnipsel“, in: Die Weltbühne, 19.7.1932, S. 98

Wobei eine andere, ebenfalls konservative Zeitung sich vor gar nicht allzu langer Zeit noch heftig dagegen wehrte, dieses Urteil auf die heutige SPD zu übertragen. Was sie statt dessen empfahl, sagt sehr viel über den „Geist“ dieses Blattes aus:

Nein, mit diesen „Schnipseln“ des Kurt Tucholsky lässt sich nun wirklich nichts mehr anfangen. Aber die Bettszenen aus seinem „Schloss Gripsholm“, die sollte man natürlich lesen. Und vielleicht sogar abdrucken.

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