11.2.2005

Die Rechtschreib Reform

Es ist an sich ein zweischneidige Sache, einen Schriftsteller wie Tucholsky, der auf orthographische Eigenheiten viel Wert legte, zum Anwalt einer wie auch immer gearteten verbindlichen Rechtschreibung zu machen. Was dagegen die zunehmende Unsitte angeht, zusammengehörende Wörter getrennt zu schreiben, tut die „FAZ“ sehr gut daran, sich unter Berufung auf Tucholsky gegen diese Mode zu wehren.

Und den Reformbefürwortern sei entgegengeschleudert, was schon Tucholsky zu Arnolt Bronnens Versuch einer umfassenden Getrenntschreibung meinte: „welch ein Bock Mist“.
Thomas Meissner: „Wenn Schulmeister knechten“, in: FAZ, 10.2.2005, S. 38

Weil Tucholsky Herrn Bronnen noch viele andere schöne Dinge über dessen Rechtschreibung entgegenschleuderte, seien diese hier ebenfalls erwähnt:

Er schreibt das Eigenschaftswort ‚deutsch‘ allemal groß und ‚polnisch‘ allemal klein, auch dann, wenn er die Polen etwas von „den Deutschen Schweinen“ sagen läßt – wohl, um anzudeuten: waren die Deutschen einmal Schweine, dann sind sie eben recht große gewesen. Und wenn es ganz groß hergeht, dann schreibt Bronnen alles groß – so am Schluß, wenn Banalitäten über einen nebulosen Sieg in den Wind geschmettert werden, wo die Fahnen sich bauschend im Winde … wie gehabt. Das Minderwertige wird klein geschrieben? Dann aber wollen wir von arnolt bronnen sprechen, bei dem dieser Deutsche Rechtschreibungssieg nicht nur eine gesuchte Äußerlichkeit ist wie die, alle zusammengesetzten Wörter auseinanderzureißen und die Teile ohne Bindestrich hinzusetzen: welch ein Bock Mist. Nein, seine nationale Orthographie hat ihre tiefere Bedeutung.
Peter Panter: „Ein besserer Herr“, in: Die Weltbühne, 25.6.1929, S. 935ff.

Und weil sie so schön ist, soll Tucholskys Definition eines „umstrittenen“ Autors aus demselben Text ebenfalls nicht unerwähnt bleiben:

Was aber die Buchpropaganda angeht, so ist es üblich, auch die ungünstigsten Urteile in sie aufzunehmen, und dafür gibt es ein feststehendes Klischeewort: umstritten. Nun, wenn ein Hundewürstchen auf der Straße umstritten ist, weil es die Hunde zwar fröhlich beriechen, die Menschen aber dem Ding aus dem Wege gehen –: dann ist dies ein umstrittenes Buch.

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