9.2.2007

Nichts Passendes eingefallen

Im inzwischen abgeschlossenen Streit um die Ehrenbürgerschaft Wolf Biermanns in Berlin hat sich die Frankfurter Allgemeine Zeitung mit den bisher in dieser Form gewürdigten Menschen befasst. Eine schöne Fleißarbeit. Das wenig überraschende Fazit das Artikels „Sie sind ein Berliner!“ lautet dabei, dass sich die Träger dieser Würde recht gut nach Parteien aufschlüsseln lassen. Zum Schluss seines Textes kommt Autor Martin Otto noch auf den Vorschlag zu sprechen, verstorbenen Literaten anstelle Biermanns die Ehrenbürgerwürde zukommen zu lassen. Was ihm offenbar überhaupt nicht behagte:

Der besonders abstoßende Versuch, die postume Verleihung der Ehrenbürgerschaft für die Tagespolitik zu instrumentalisieren, also ein Handel mit toten Seelen, der allenfalls in der – dort aber theologisch begründeten Totentaufe der Mormomen eine Parallele findet, geriet in der Biermann-Debatte wieder in den Bereich des Denkmöglichen. Einige SPD-Hinterbänkler wollten Biermann gemeinsam mit Brecht und Tucholsky auszeichnen. Insbesondere Letzterem wäre zu seiner postumen Würdigung, noch dazu auf Betreiben seiner geliebten „Radieschenpartei“ SPD, sicher etwas Passendes eingefallen. Dass Wowereit dieses Schauspiel verhindert hat, ist ihm immerhin anzurechnen.
Martin Otto: „Sie sind ein Berliner!“, FAZ vom 8.2.2007

Otto wirft dabei einiges durcheinander. Zunächst war es doch wohl die CDU, die wieder einmal die Verleihung einer Ehrenbürgerschaft tagespolitisch instrumentalisieren wollte. Die Idee des SPD-Fraktionsvorstands, – aus dem bei Otto Hinterbänkler werden -, lag dagegen darin, diese tagespolitische Debatte mit der Würdigung verstorbener Literaten zu beenden. In einem theologischen Zusammenhang von „toten Seelen“ zu sprechen, ist eines Feuilletons wie dem der „FAZ“ eigentlich unwürdig. Das gilt auch für die Formulierung, wonach ein Versuch in „den Bereich des Denkmöglichen“ geraten kann. Und was der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit in dieser Causa noch bestimmen konnte, nachdem seine Fraktion mit großer Mehrheit für Biermann plädiert hatte, sollte ihm nicht nachträglich noch als Verdienst angerechnet werden. Denn das lag fast schon im Bereich des Denkunmöglichen.

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