10.10.2005

Die futsche Republik

In der ARD startet am heutigen Abend eine dreiteilige Dokumentation über die „Zwanziger Jahre“. Da ZDF-Chefhistoriker Guido Knopp inzwischen jeden Zeitzeugen aus der Nazizeit vorgeführt zu haben scheint, widmet sich die ARD daher zu Recht einem bislang vernachlässigten Thema. Was den Aufbau der einzelnen Folgen betrifft, scheint es durchaus Parallelen zu Knopps Historiotainment zu geben. Einen gewissen Unterschied hat die „Berliner Zeitung“ allerdings festgestellt:

Immerhin sind die Zeitzeugen, deren sich die jüngste Produktion der ARD bedient, interessanter als die Lemuren, die Guido Knopp so gern durchs ZDF schiebt. Interessanter sind sie dadurch, dass sie lebhafter, lebenslustiger sind.

Für die „Süddeutsche Zeitung“ ist dagegen klar, dass die Straßen der Zwanziger Jahre alle in den Untergang führten. Deshalb sei es logisch, dass „der letzte Teil des dokumentarischen Dreiteilers dieses Titels über die Weimarer Republik am gleichen Abend im Fernsehen läuft wie Bernd Eichingers Kinofilm Der Untergang, also am 19. Oktober.“ Da man den zwanziger Jahren viele Fortschritte zu verdanken habe, hätte der Weg nicht unbedingt dieses Ende nehmen müssen. Aber:

… die Weimarer Demokratie war schwach, die Zahl der Demokraten geringer als der Epochen-Name vermuten lässt, und die bekannten Stimmen von Kurt Tucholsky oder Erich Kästner, wie der Kommentar belehrt, waren „nicht mehrheitsfähig“.

Abgesehen davon, dass die Epoche den Namen Weimarer Republik trägt und man deshalb von einer „Republik ohne Republikaner“ spricht, scheint ein wenig unklar, was das Kriterium der Mehrheitsfähigkeit im Zusammenhang mit Tucholsky und Kästner zu bedeuten hat. Beide haben sich nie zur Wahl gestellt (im Gegensatz zu Carl von Ossietzky). Ihre Kommentare sind dagegen von der Mehrheit der Deutschen leider zu gut befolgt worden:

Wir stehen da, wo wir im Jahre 1900 gestanden haben.
Zwischen zwei Kriegen. (Tucholsky, 1925)

Ihr Mannen, wie man es auch dreht,
wir brauchen zunächst einen Putsch!
Und falls Deutschland daran zugrunde geht,
juvifallera, juvifallera,
dann ist es eben futsch.
(Kästner, 1930)

Die zweite und dritte Teil der Dokumention sind am 17. und 19.10. zu sehen, dann jeweils um 21.45 Uhr.

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