Juden in Rheinsberg

Vor einigen Monaten war das Städtchen Rheinsberg häufig in den Medien, weil eine Dönerbude zum vierten Male innerhalb von zwei Jahren angezündet worden war. Ob es solche Formen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit schon früher gegeben hat, ist auch Gegenstand eines Buches, das der „Nordkurier“ heute seinen Lesern präsentierte. In ihrer Untersuchung „Juden in Rheinsberg. Eine Spurensuche“ kommen die Historikerin Stefanie Oswalt und der Literaturwissenschaftler Peter Böthig zu Ergebnissen, die auch den „Nordkurier“ etwas beunruhigen:

60 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs mag man fragen: Ist das noch nötig? Die Antwort ergibt sich allein schon aus diesem Wunsch: „Die heute noch in Neuruppin lebenden Nachfahren jüdischer Vorfahren möchten … aus Furcht vor der Verfolgung durch die heutigen Nazis nicht namentlich genannt werden.“

Ein schönes Lob erhält dagegen Tucholsky, der mit seinem „Bilderbuch für Verliebte“ die Stadt literarisch verewigte:

Heutige Tourismus-Manager am Südzipfel der Mecklenburgischen Seenplatte können dem jüdischen Schriftsteller, dessen 70. Todestag Ende 2005 begangen wird, gar nicht genug danken, mit einem derartigen poetischen Pfund wuchern zu dürfen. Denn nach dem Machtantritt der Nazis wäre ein solches Buch gar nicht mehr möglich gewesen, weil Juden „unter den Nationalsozialisten in den Ferienorten und Naherholungsgebieten nicht mehr willkommen“ waren, wie Stefanie Oswalt schreibt.

Kommentare (1)
Kommentieren
  • Sudelblog.de - Das Weblog zu Kurt Tucholsky » Hilferuf aus Rheinsberg

    […] Wer weiß, ob man heute noch von dem Städtchen Rheinsberg besondere Notiz nähme, wenn der Jude Kurt Tucholsky mit seiner jüdischen Freundin Else Weil im Sommer 1911 dort nicht hätte unbehelligt Urlaub machen können. Die Nachrichten, die in jüngster Zeit aus dem Norden Brandenburgs an die Öffentlichkeit dringen, sind dagegen nicht dazu angetan, Touristen in den Ort zu locken. Es sei denn, sie sind als Urlauber getarnte Verfassungsschützer. […]