25.2.2005

Der „Spiegel“ sagt mehr …

Bei der Spiegel-Gruppe ist es in jüngster Zeit zur Gewohnheit geworden, das Sprichwort „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ eindeutig der Urheberschaft Tucholskys zuzuordnen. So heißt es beispielsweise in dem Einband eines Bildbandes zum Zweiten Weltkrieg:

„Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“, schreibt Kurt Tucholsky 1926. Im Zweiten Weltkrieg machen sich nicht nur die Nationalsozialisten diese Erkenntnis zu eigen, sondern alle in die tödliche Auseinandersetzung verwickelten Mächte.

Und weil das Zitat so nett ist, taucht es bei „Spiegel-Online“ in der Rezension eines Bildbandes zur Roten Armee Fraktion gleich noch einmal auf:

An das Credo „Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte“, das Kurt Tucholsky 1926 formulierte, hat die RAF nie geglaubt. Für die Gruppe, die 1970 als Rote Armee Fraktion den bewaffneten Kampf aufnahm, zählte nur das Wort.

Nun muss man dem „Spiegel“ zugute halten, dass Tucholsky diesen Spruch zumindest benutzt hat. Und zwar als Überschrift für einen Artikel, der die Möglichkeiten der Fotografie behandelt. Im Artikel selbst heißt es dann:

Ein Bild sagt mehr … Hunderttausend Worte wenden sich an den Verstand, an die Erfahrung, an die Bildung – das Bild … (…) Und weil ein Bild mehr sagt als hunderttausend Worte, so weiß jeder Propagandist die Wirkung des Tendenzbildes zu schätzen (…)
Peter Panter: „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“, in: Uhu, Nov. 1926, Nr. 2, S. 75

Dass Tucholsky tatsächlich dieses Sprichwort „formulierte“, ist dagegen stark zu bezweifeln, auch wenn es irgendwo bei „Spiegel“ steht.

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