24.2.2006

Was darf der Stunk?

Die taz echauffiert sich aus gutem Grund heute darüber, dass die eherne Tucholsky-Regel der Satire wieder einmal missachtet wurde. Und zwar von den öffentlich-rechtlichen Fernsehfunkern des WDR. Die nämlich hätten die „Stunker weichgespült“, wie es in dem Artikel von P. Beucker heißt, der in der NRW-Ausgabe des Zeitung erschien.

Wenn einer bei uns einen guten politischen Witz mache, dann sitze halb Deutschland auf dem Sofa und nehme übel, schrieb einmal Kurt Tucholsky. Und was schlussfolgerte er daraus? Trotzdem oder gerade deswegen dürfe Satire: alles. Diese altmodisch-liberalistische Auffassung hat der WDR jetzt in seine öffentlich-rechtlichen Schranken gewiesen: Witze über religiöse Fanatiker – da hört der Spaß auf!

Was ist passiert? Ein Sketch der Kölner Stunksitzung, in dem ein „Ratze“ und ein „Meise“ miteinander kuscheln, ist vom WDR aus der Aufzeichung der Sitzung herausgeschnitten worden. Liest man die offizielle Programmbeschreibung der Sendung, wird diese Entscheidung völlig unverständlich:

So ganz ohne Ärger scheint die Stunksitzung aber auch in diesem Jahr nicht davon zu kommen. Der Sketch, in dem Papst Benedikt XVI. und der Kölner Kardinal Meisner zusammen unter die Decke schlüpfen und sich ein Gute-Nacht-Küsschen geben, beschäftigt die Staatsanwaltschaft. Eine Entscheidung über die Anzeige eines Sitzungsbesuchers aus Münster gibt es allerdings erst nach Karneval. Der Besucher der Show sah den religiösen Frieden durch den Sketch gestört. Bereits vor der Anzeige hatte sich der Westdeutsche Rundfunk entschieden, die Szene bei der Ausstrahlung der Sitzung nicht im Fernsehen zu zeigen.

Was darf die Satire beim WDR? Gar nichts.

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