25.10.2005

Satire, Satire über alles

Der 70. Todestag Tucholskys rückt näher und damit auch der Zeitpunkt, an dem der Urheberschutz an seinem Werk erlischt. Vom 1. Januar 2006 an können beliebig viele Tucholsky-Texte veröffentlicht und vorgetragen werden, ohne eine Erlaubnis bei den bisherigen Rechte-Inhabern, der Kurt Tucholsky-Stiftung, einholen und Honorare entrichten zu müssen.

Dass nun Verlage auf die Idee kommen, neueTucholsky-Ausgaben zu publizieren, war nicht anders zu erwarten. Dazu ist das Werk Tucholskys noch immer zu populär. Eine erste Ankündigung dieser Art liegt inzwischen vor. Sie stammt vom Verlag Berliner Konsortium, – und darin wird der Wegfall des Urheberschutzes mit dem schönen Satz umschrieben:

Mit einem „Relaunch“ von Kurt Tucholskys kritischem Bilderbuch „Deutschland, Deutschland über alles“ wird der Verlag „Berliner Konsortium“ den 70. Todestag des bekannten Publizisten würdigen.

Der „Relaunch“ wurde von dem Journalisten Timo Rieg besorgt, der das Original um eigene Texte ergänzte und die Fotos vollständig durch aktuelle Aufnahmen ersetzt hat. Eine sicherlich reizvolle Idee, so lange dahinter nicht Überzeugung steht, dass die Berliner Republik irgendetwas mit der Weimarer zu tun hat. Das lässt aber ein Satz aus der Buchankündigung befürchten, die sich auch leider dadurch auszeichnet, dass dem verehrten Textlieferanten postum etwas kumpelhaft auf die Schulter geklopft wird:

Das Spannende ist gerade die Komposition von Tuchos 76-jährigen Texten mit Bildern unserer Gegenwart, denn: viel hat sich offenbar nicht geändert, die Grundkritik ist identisch.

Der 1. Januar 2006 darf daher mit Spannung erwartet werden.

PS: Das Original konnte sich wenigstens noch ein Komma zwischen den beiden Deutschlands imTitel leisten.

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